Ditzinger VfB-Fan besitzt über 1600 Stadionhefte
Dussling: Sehnsucht nach den guten alten Seiten von Dirk Preiss (Stuttgarter Nachrichten 24.08.2002)

Vor über 20 Jahren ging der kleine Marcel zum ersten Mal ins Neckarstadion. An der einen Hand hatte er seinen Großvater, in die andere bekam der Knirps ein Stadionheft gedrückt. VfB gegen den HSV 1981 - für Marcel Dussling eine Begegnung mit Folgen: Mittlerweile besitzt der 27-Jährige über 1600 Stadionzeitungen.

Das Heft vom Spiel gegen den Hamburger SV weckte in Marcel Dussling die bis heute andauernde Leidenschaft. Der Ditzinger hat Sehnsucht nach den guten alten Seiten - er sammelt Stadion- und Programmhefte. "Am Anfang", erinnert er sich, "habe ich alles aufgehoben, was ich kriegen konnte." Doch schon bald wurde der Platz knapp, und er hat sich spezialisiert: auf den VfB Stuttgart und die Spiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Auf 60 Sammelordner verteilen sich Dusslings Schätze. Seinem Ziel - "eine möglichst lückenlose Sammlung der VfB-Hefte" - ist er dabei schon ziemlich nahe gekommen. Von der Saison 1976/77 an fehlt ihm kein einziges Heft. Vom VfB und auch in der Landesbibliothek Stuttgart hat er keine Auskünfte bekommen, die auf ältere Stadionhefte schließen lassen. Doch dann kam ihm der Zufall zu Hilfe: Über eine Zeitungsanzeige gelangte er an das erste Stadionheft aus dem Jahr 1974. Wer ein echter Sammler ist, gibt sich aber auch damit noch nicht zufrieden. Dussling fand heraus, dass davor bereits Vereinsnachrichten erschienen waren. Ein Exemplar von 1954 ist sein ältestes VfB-Dokument. Und weil darauf der Vermerk "30. Jahrgang" zu finden ist, vermutet Dussling: "Da muss es noch was Älteres geben."

Sein Sammlerdurst ist noch lange nicht gestillt. Doch es ist nicht immer einfach, an die alten Schinken aus den Fußballstadien zu kommen. "Es läuft meist über private Kontakte zwischen den Sammlern", erklärt der Ditzinger. Flohmärkte und Internetauktionen sind weitere Beschaffungsmöglichkeiten der Sammler, die sich 1984 in der Deutschen Programmsammler Vereinigung (DPV) organisiert haben. Über 300 Mitglieder zählt die Organisation heute.

Was bisher aber fehlte, ist ein eigenes Internetforum. Deshalb wurde Marcel Dussling selbst aktiv und stellte ein Sammlerportal ins Netz (http://www.stadionheft.de). Dort wird nun geboten und gesucht, und die Sammler können ihre kompletten Listen veröffentlichen. "Das eröffnet uns neue Möglichkeiten", sagt Dussling. So kommt er vielleicht auch an weitere Hefte von Spielen der deutschen Nationalmannschaft. Das ist sein zweites Spezialgebiet. Sein wertvollstes Stück: Die Festschrift zum 25-Jahr-Jubiläum des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) von 1925. Für 76 Euro hat er das Buch bei einer Online-Auktion ersteigert. Eine lohnende Investition: "Davon soll es nur noch 20 Exemplare geben", erklärt der 27-Jährige.

Einen derartigen Betrag zu investieren, ist aber eher die Ausnahme. "Das Programmsammeln ist ein günstiges Hobby", sagt Dussling. Um die 30 Euro müsse man für ältere Hefte auf den Tisch legen. In England ist das anders: Dort wurde das Programmsammeln bereits nach der WM 1966 populär, und es existiert ein engmaschiges Netz von Händlern. "Da werden ganz andere Summen bezahlt", weiß Dussling. In Deutschland gibt es gerade mal zwei hauptberufliche Händler. Und so bleibt das Sammeln von Stadionheften für Marcel Dussling eine mühsame Angelegenheit. Aber eine die Spaß macht: "Die Hefte", sagt er, "sind für mich ein Stück lebendige Geschichte." Seinen zukünftigen Enkelkindern wird er seine Sammlung sicher auch zeigen - vor ihrem ersten Stadionbesuch.